Manchmal ist es kaum auszuhalten, wenn
YouTube eine frischgebackene Portion
Pop-Törtchen auf den heimischen Bildschirm
schiebt. Egal wie perfekt die
hochauflösenden Videos aus dem Netz auf die
Bildschirme rauschen - es bleibt ein
unangenehmer Nachgeschmack: Das eigene Leben
scheint zu klein für diese Überdosis
Gaga-Pop, der eigene Alltag zu grau.
kUNDEkOENIG halten dagegen, sprechen von
sich, besingen die Realität und die Träume
echter (ja, die gibt es auch noch) Menschen.
"Don't Call", das zweite Album der Hamburger
Band, spielt mit der melodischen Seite des
Post-Punk. Tristesse ist hier ein geradezu
aristokratisches Stilmittel; das eigene
Leben eine Waffe im Kampf um die
Wirklichkeit. Viele der Songs öffnen sich in
majestätisch weite Klangräume. Das erinnert
an Bands wie Joy Divison, Psychedelic Furs,
The Raincoats, manchmal aber auch an den
verspielten Indie-Pop von Belle &
Sebastian. "Es liegt ein Grauschleier über
der Stadt", stellten bereits vor mehr als 30
Jahren die Fehlfarben fest. Auch bei
kUNDEkOENIG ist ein poetisch persönlicher
Realismus angesagt: "I don't care what you
think about, this is my song, it tells from
you", singt Lisa Radziejewski beschwörend in
"Love Is A Strange Game". Der Beat dazu ist
tight wie ein Paar Röhrenjeans, eine nervös
quengelnde Gitarre und ein hymnisches
Saxofon treiben das Stück nach vorn.
Das berührende "Human" stellt die fragil
verletzliche Stimme der Sängerin noch
stärker in den Mittelpunkt, während die Band
sich in ein dunkel schillerndes Hinterzimmer
aus atmosphärischen Klängen zurückzieht. Das
ist nicht der Tonfall eines
Performance-Profis, nicht die abgeklärte
Kopie einer Kopie, sondern erinnert an die
fragile, aber berührende Intensität von
Outsider-Künstlern wie Daniel Johnston, oder
Scout Niblett. Auch der zweite Sänger,
Saxofonist und Akkordeonspieler Thorsten
Graf, beweist in "Purdah" eine enorme
stimmliche Präsenz.
Eine eigenwillige Intensität durchzieht die
Musik von kUNDEkOENIG. Das könnte unter
anderem auch daran liegen, dass vier der
sechs Musiker mit einem Handicap leben.
Vielleicht ist es ein Klischee, dass ein
blinder Saxofonist die Töne intensiver hört.
Möglicherweise rührt daher die ungeheure
Detailbesessenheit von kUNDEkOENIG, die
Liebe zu jeder Facette eines Songs.
10 Jahre gibt es kUNDEkOENIG inzwischen. Als
Nebenprojekt der experimentelleren Station
17 gegründet, spielten die Musiker anfangs
noch einen wilden Mix aus "Trash, Punk,
Polka". So lautet der Titel des Debütalbums,
auf dem überwiegend Coverversionen zu hören
sind - von den Dresden Dolls bis zu Emir
Kusturica. Inzwischen sind die sechs
Hamburger bereit die Bühnen der Clubs mit
ihren eigenen Songs zu erobern. Die
Handicaps sind dabei keine Behinderung,
sondern eine Herausforderung. "Don't Call"
erzählt mit kraftvoll poetischen Songs mehr
über das Leben, als der Wahnsinn der
Pop-Törtchen auf YouTube.
kUNDEkOENIG sind:
Lisa Radziejewski, Gesang | Thorsten Graf,
Gesang, Akkordeon, Saxofon | Peter Burhorn,
Schlagzeug | Carl-John Hoffmann, Gitarre |
Florian Busche, Bass | Christian Hebel,
Keyboards |